SimCity: Entwicklung der Gebäude

Hallo miteinander! Mein Name ist Mike Khoury. Ich bin bei SimCity verantwortlich für die künstlerische Leitung. Ich bin damals bei der Erweiterung SimCity 4: Rush Hour zu Maxis dazugestoßen. Ich war zu einem relativ frühen Zeitpunkt in die Entwicklung des neuen SimCity mit dem kreativen Leiter Ocean Quigley eingebunden. Ich half dabei, dem Spiel seinen Stil und seine Optik zu verleihen. Ich erstellte den Prototypen der ersten Sim-Figur und entwarf damals, als wir noch ganz am Anfang standen, mit unserem Werkzeugkasten die erste Produktionseinheit.

 

Seitdem hat sich viel getan. Im Moment übernehme ich die künstlerische Leitung der Versatzstücke, die der Spieler aufstellen kann. Dazu gehören im Wesentlichen öffentliche Bauwerke der Stadt wie etwa Feuerwachen, Schulen und Bushaltestellen. Die Strukturen reichen von einfachen Häusern bis hin zu komplexen Industrieanlagen und sogar berühmten Wahrzeichen. Unsere Modulelemente erfüllen Funktionen von der Wohn- über die Gewerbe- bis hin zur Industrieanlage. Die Module verbessern dabei einerseits das Gameplay, verändern aber gleichzeitig auch die eigentlichen Grundgebäude. So könnt ihr beispielsweise eine Schule um weitere Klassenzimmer erweitern, damit mehr Schüler unterrichtet werden können. Oder ihr könnt auf einer Feuerwache eine Alarmvorrichtung anbringen, um die Reaktionszeit der Feuerwehr zu erhöhen.

Für mich als Forschungsfreak besteht bei der Herstellung der unterschiedlichen Systeme und Objekte einer der größten Vorteile darin, dass ich hierbei jede Menge wissenschaftliche Erkenntnisse sammeln kann. Im „Versatzstück-Team“ (so unsere Bezeichnung) arbeiten wir beim Entwurf und der Entwicklung der modularen Gebäude immer eng mit den Technikern, Grafikern und Drehbuchschreibern zusammen. Die Funktion dieser Bauwerke hängt davon ab, wie sie kombiniert werden. Die große Herausforderung ist, sie trotz allem noch glaubwürdig und realistisch aussehen zu lassen. Sie müssen sich außerdem in den Maßstab des Spiels einfügen, auch wenn sie aus verschiedenen Teilen bestehen, die auf unterschiedliche Art und Weise zusammengesetzt werden können. Ich als Entwickler modularer Gebäude sehe meine Aufgabe darin, ein ganzes System an Teilen zu kreieren, die alle interessant sind und gut zusammenpassen. Es geht hier um weit mehr als ein einzelnes fertiges Produkt.

 

Von der Ausbildung und dem beruflichen Hintergrund her bin ich Industriedesigner. Ich habe also ein Faible für das Design solcher Objekte und Systeme. Bei Spore war ich etwa in der künstlerischen Leitung für die Charakter-, Gebäude- und Fahrzeugeditoren verantwortlich. Die Ansprüche, die der Entwurf dieser veränderbaren Teile an mich stellte, sind vergleichbar mit den Herausforderungen, vor denen wir aktuell mit den modularen Gebäuden von SimCity stehen.

Ihr wisst jetzt also schon einmal, was wir entwickeln. Ich will aber noch einen Schritt weitergehen und euch den Herstellungsprozess für die modularen Gebäude und die zugehörigen Gebäudefamilien schildern. Wechseln wir dazu in die Kohle verarbeitende Industrie. In diese Kategorie fallen verschiedene Gebäude des Spiels: die Kohlebergwerke (sie bauen das Rohmaterial ab und verarbeiten es weiter), die Kohlekraftwerke (die über den Rohstoff Städte mit Energie versorgen) sowie die Kohle- und Versandlager (sie dienen der Aufbewahrung der Kohle und dem Aufbau eines Handelsimperiums). Wie bereits erwähnt bildet die Grundlagenforschung beim Entwurf eines neuen Gebäudes die Basis. Schließlich wollen wir realitätsgetreue Simulationen mit aktuellem Bezug herstellen, um dem Stil von SimCity treu zu bleiben.

 

Das Designteam bricht in der Regel die Grundfunktionen eines Gebäudes auf ein Designdokument herunter. Dabei wird auch berücksichtigt, wie die Spielobjekte wie etwa Sims und Fahrzeuge mit dem Bauwerk interagieren. Startpunkt ist die Recherche zu den zweckgebundenen Basisstrukturen im Internet und in Büchern. Bei den Recherchearbeiten zu den Kohlebauwerken hatte ich sogar die Gelegenheit, eine abgelegene und verlassene Bergarbeiterstadt in Kalifornien zu besuchen. Ein tolles Erlebnis. Der nächste Schritt ist ein Treffen mit der ganzen Gruppe, bei dem wir uns die Bilder ansehen, auf die wir bei unseren Nachforschungen gestoßen sind. Dabei besprechen wir, wie die einzelnen Vorlagen im Spiel funktionieren und wie sie sich anfühlen würden.

 

Wenn wir einmal einige Ergebnisse zusammengetragen haben und das Team denkt, den Grundgedanken erfasst zu haben, werden kleine Skizzen des Gebäudes angefertigt. Obwohl das Grafikkonzept in dieser Phase noch aus Einzelskizzen besteht, müssen diese bereits den Maßstäben entsprechen, um im Spiel funktionieren zu können.

 

Alle unsere modularen Gebäude folgen streng dem elementbasierten Maßstabssystem. Die Teile müssen also bestimmten Größenprogressionen folgen, um sich sauber in andere Elemente einfügen zu können. Diese Kombinationsfreiheit kann schnell ziemlich komplexe Ausmaße annehmen, wenn etwa gleich drei oder vier Module miteinander interagieren. Sowohl die Ausrichtung als auch die Raummnutzung sowie die Optik, der allgemeine Eindruck und der Maßstab der Objekte müssen passen. Außerdem soll es nicht so aussehen, als würde alles nur aus gleichförmigen Quadraten bestehen.

Wenn das Grafikkonzept mit den Skizzen fertig ist, entscheiden wir, wohin die Reise gehen soll. Dann folgt die Modellierung der noch texturlosen Grundstrukturen. In dieser Phase geht es grob gesagt darum, die Form und Dichte der Objekte anhand von 3-D-Software herauszuarbeiten. Dabei müssen wir uns an unsere Einheitensysteme hinsichtlich der Größe halten. Außerdem müssen wir entscheiden, wo und wie die unterschiedlichen Module „zusammengesteckt“ werden können. Wenn diese Verbindungen einmal festgelegt wurden, testen wir das noch texturlose Objekt im Spiel. In diesem Abschnitt bewerten wir den Maßstab des Objekts, seine Form sowie dessen Verhalten und Benutzerfreundlichkeit beim Zusammenbauen. Danach können sich die Designer und Drehbuchschreiber eine Zeitlang mit der texturlosen Form beschäftigen. Sie weisen ihr unterschiedliche Verhaltensweisen und Attribute zu, damit sie mit anderen Objekten kombiniert werden kann und ihre Funktion erfüllt.

 

 

Es zeigt sich recht schnell, wenn ein Modul zu groß oder klein ist oder sich nicht flüssig genug ins Gameplay einfügt. Wir passen dann die Grundstruktur entsprechend der Rückmeldungen an und schicken das Objekt erneut in die Kontrollschleife. Wenn einmal eine gute Grundstruktur gefunden ist, die auch die Tests bestanden hat, beginnt die Phase, in der ein detailliertes Farbkonzept erarbeitet wird. Unsere Grafiker verwenden dann die losen Originalskizzen, die bei der Recherche gesammelten Bilder sowie die Geometrie der Grundstruktur als eine Art leere Vorlage. Diese versehen sie beim 2-D-Rendering mit Lichteffekten, Texturen und Details. Am Ende sieht das Objekt wie ein fertiges Gebäude aus. Sobald das Farbkonzept bestätigt wurde, werden die Details und Texturen des Modells noch einmal verfeinert. Hierbei kommen unsere hauseigenen Tools zum Einsatz. Damit passen wir das 2-D-Farbkonzept so gut wie möglich an unsere Spielengine an.

 

Am Ende des Prozesses steht das erste Bild eines neuen Gebäudes. Weitere Graifkteams wie die Jungs von den visuellen Effekten, die Grundstücksdesigner, die Belichtungsgrafiker und Animatoren verleihen dann dem fertigen Modell den nötigen Feinschliff und noch mehr Realismus. Normalerweise laufen diese Prozesse natürlich nicht immer so geradlinig ab. Oft arbeitet ein Grafiker erst mit einer halbfertigen Version, um in der Abschlussphase das Gebäude noch einmal auf den neusten Stand zu bringen. Die Grundstruktur ist auf jeden Fall ein hervorragender Startpunkt, ab dem in verschiedenen Richtungen weitergearbeitet werden kann. So kann es passieren, dass viele verschiedene Mitarbeiter Hand an das Modell anlegen, während die Grafiker weiterhin Stück für Stück ihren Beitrag leisten, um dem Objekt den letzten Schliff zu verleihen.

Ich hoffe, euch hat unser kleiner Exkurs gut gefallen und ihr könnt euch jetzt etwas genauer vorstellen, wie wir bei uns im Studio die Spielinhalte entwickeln.

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